Vom Verbündeten zum Kriegsgefangenen
Der italienische Soldat Tiziano Di Leo (1920-2012) erlebt nach dem Waffenstillstand seines Landes mit den Alliierten am 8. September 1943 die Besetzung Norditaliens durch die Wehrmacht. In Ancona gerät er in Gefangenschaft, so wie Hunderttausende andere Italiener, die sich weigern, weiter für die Deutschen zu kämpfen. In einem Viehwaggon wird Di Leo in das Sammellager Stalag III A bei Luckenwalde gebracht. Von dort kommt er zur Zwangsarbeit als Dreher bei den Siemens-Schuckertwerken in Berlin-Spandau. Untergebracht ist Di Leo zunächst im Arbeitslager Salzhof in der Rhenaniastraße, das ein Luftangriff im Februar 1944 zerstört. Di Leo wird verlegt und muss zehn Kilometer zu Fuß zur Fabrik gehen. Die Lebensbedingungen sind hart. Es kommt immer wieder zu Misshandlungen durch das Wachpersonal im Lager und die Vorarbeiter in der Fabrik. In der letzten Kriegsphase muss Di Leo Barrikaden bauen und Panzerabwehrgräben ausheben.
Sowjetische Soldaten befreien Tiziano Di Leo am 26. April 1945 aus dem „Italien-Lager“ beim Bahnhof Jungfernheide. Er kommt in ein internationales Sammellager nach Wittenau, dann nach Bernau. Am 4. September 1945 erreicht Di Leo wieder seine Heimat.
Passbild von Tiziano Di Leo, Berlin, 20. November 1944 © Privatbesitz
Ausweis für das „Italien-Lager“ Tegeler Weg, Berlin, 17. April 1945 © Privatbesitz
Di Leo muss zunächst als Dreher arbeiten, kommt dann in eine andere Abteilung als „Federwickler“.
Di Leo zeigt sich hier zeichnend in seiner Baracke. Die wenigen Stunden der Freizeit werden oft durch Luftalarme unterbrochen.
Nach der Befreiung sitzen zwei Männer am gut gedeckten Tisch. Die Beschriftung „Erinnerst du dich, als wir im Lager um eine Kartoffel stritten?“ verweist auf die sehr schlechte Ernährung der italienischen Kriegsgefangenen. Di Leo muss sogar den Abfall nach Essen durchsuchen.
Der Viehwaggon mit der Aufschrift in Italienisch „Pferde 8, Menschen 40“ zeigt den Transport der Kriegsgefangenen in die Zwangsarbeit. Di Leos Kommentar “Hat in der Tasche das Abo erster Klasse schon, doch glücklich reist er nur im Viehwaggon!” karikiert die Verschleppung unter extremen Bedingungen.